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Gedanken zum Feministischen Kampftag am 8. März 2025

oder: Warum es Zeit ist, dass mehr cis-Männer feministische Bücher lesen

Ein Gastartikel von Matilda Thönnissen

Badekugel zum "Frauentag": Nein, danke.

Zum Feministischen Kampftag gibt es jedes Jahr unzählige Geschenkideen für Frauen. Hier eine Badekugel, dort ein paar Blumen und eine Schachtel Pralinen. Doch auch wenn das vielleicht den Moment versüßt, ist damit langfristig keine Veränderung geschaffen und die Erschöpfung von Frauen durch Care Arbeit, emotionale Arbeit und die ständige Konfrontation mit Alltagssexismen bleibt bestehen.

1910: Damals noch "Internationaler Frauentag"

Auch wenn sich seit der ersten Idee des feministischen Kampftages, damals noch “internationaler Frauentag”, im Jahr 1910 auf der sozialistischen Frauenkonferenz in Kopenhagen, schon einiges getan hat, ist noch ein weiter, mühsamer Weg zur wirklichen Gleichstellung aller Geschlechter zu gehen. Obwohl schon 1910 über den internationalen Frauentag geredet wurde, wurde er erst im Jahr 1921 auf den achten März festgelegt und fand in den Jahren davor an wechselnden Tagen statt. Das erste Mal wurde er am 19. März begangen - um auf die sozialistischen Wurzeln hinzuweisen und den revolutionären Charakter zu unterstreichen - direkt im Anschluss an den 18. März, welcher ein Gedenktag für die Gefallenen der Revolution im Jahr 1848 war und heute der Gedenktag für politische Gefangene ist. Erst im Jahr 1975 - also vor 50 Jahren - wurde der 08. März von den Vereinten Nationen als offizieller internationaler Frauentag festgelegt.

Mittlerweile ist “feministischer Kampftag” der gängige Name für den 8. März, da sich so bewusst von binären Denkmustern abgegrenzt wird und klargestellt wird, dass alle FLINTA* Personen (alle Menschen außer cis-Männer) nur Nachteile aus patriarchalen Strukturen ziehen und der Weg zur Gleichberechtigung noch nicht gegangen ist.

Männer bitte mitdenken

Ein Grund für die Länge des Weges zur Gleichstellung aller Geschlechter ist, dass viele cis-Männer gar nicht die Notwendigkeit dafür sehen, sich mit Feminismus und den alltäglichen Ungerechtigkeiten auseinander zu setzen, und viel zu häufig die Auseinandersetzung mit Feminismus keinen Ausdruck in ihrem täglichen Handeln findet und oberflächlich bleibt.

Männer müssen sich selbst feministisch bilden, da die Rollenmuster die sich in Beziehungen mit weiblich sozialisierten Menschen einschleichen, immer zu einer Bequemlichkeit für den Mann werden. In einer zwischenmenschlichen Beziehung auf Augenhöhe ist es unumgänglich, dass cis-Männer sich mit ihren Privilegien und Denkmustern auseinandersetzen, auch damit weiblich sozialisierte Menschen nicht immer wieder in die Position rutschen, mehr Care und Emotionale Arbeit zu leisten. Denn in solchen Situationen sind es allermeistens nicht die cis-Männer, denen das auffällt und die dagegensteuern. 

Nach der Auseinandersetzung mit Feminismus reicht es nicht, nachts die Straßenseite zu wechseln, wenn eine Frau vor einem läuft. Sondern es ist notwendig, dass cis-Männer darüber hinaus anfangen, umfassend Verantwortung zu übernehmen und ihr Handeln zu reflektieren, auch wenn das den Verlust von Privilegien bedeutet und zu Unbequemlichkeiten führen kann. 


Da cis-Männer die Möglicheit haben, ihre Augen vor vielen Themen zu verschließen, welche feministische Bestrebungen ansprechen, weil sie nicht direkt betroffen sind, ist es umso wichtiger, dass sie Bücher zu Feminismus und FLINTA*-spezifischen Themen lesen. Deshalb wäre es von männlicher Seite auch ein gutes Geschenk, feministische Bücher nicht nur zu verschenken, sondern auch selbst zu lesen und feministisches Handeln in ihren Alltag zu integrieren.

Lesetipps zum Feministischen Kampftag für alle

Da der Feministische Kampftag ein guter Anlass für eine (erneute) Auseinandersetzung mit Feminismus ist, folgen hier vier ganz verschiedene Buchempfehlungen für diesen wichtigen Tag im Jahr:

Die Groschenphilosophin von Bianca Jankovska
Dieses Buch beinhaltet gesammelte Blogeinträge aus den letzten zehn Jahren, die smart, charmant und feministisch popkulturelle und gesellschaftliche Themen aufgreifen und kommentieren. Dieses Buch bietet sich sowohl wunderbar zum am-Stück-lesen als auch zum immer-wieder-reinschauen an.

AUCH GUT! Neue Impulse zum Frausein, zu gesellschaftlichen Erwartungen und dem eigenen Timing ab 30 von Jennifer Klinge
Schonungslos ehrlich bricht dieses Buch mit heteronormativen Denkweisen und erzählt über die einengenden Rollenerwartungen für das Leben als Frau, wie man sich von ihnen abgrenzen kann und wie mögliche Gegenentwürfe für ein selbstbestimmtes Leben aussehen können. Ein fesselndes Buch darüber, dass es okay ist, Erwartungen nicht zu erfüllen, um selbst erfüllt zu leben.

 

FemFacts: von Sexismen, Gender Gaps und anderen Absurditäten von Michaela Leitner
Ein Buch voller spannender, erschreckender und wichtiger Fakten, die mehr Aufmerksamkeit verdienen. Das Buch ist spielerisch gestaltet und gepaart sind die Grafiken mit erklärenden und weiterführenden Texten. Also ein perfektes Buch für alle, die Zahlen und Feminismus lieben oder für die, die gerne tiefer in die Themenwelt Feminismus eintauchen wollen. Unabhängig davon, wie viel Vorwissen man schon hat, bietet das Buch viele neue Gedankenanstöße.

 

Merry Feminist Christmas: Ein kritischer Blick auf das Fest der Liebe als Frau, als Tochter und als Mutter von Ayo Lenz
Trotzdem dieser Essay um Weihnachten geht, ist er es wert auch zu jeder anderen Jahreszeit gelesen zu werden. Ayo Lenz beschreibt anschaulich wie Care und Emotionale Arbeit von weiblich sozialisierten Personen getragen wird und was das für Auswirkungen hat. Ein Buch mit komplexem Inhalt, welcher leicht verständlich aufbereitet ist.

Jedes der Bücher eignet sich sowohl als Einstieg in feministische Themengebiete als auch als Vertiefung, wenn man schon mehr Kontakt zu feministischen Theorien und Gedanken hatte. Besonders Die Groschenphilosophin und Merry Feminist Christmas eignen sich auch gut für Männer, um ungefiltert die Perspektive einer Frau anzuhören und sich auf diese Art mit der Ungleichbehandlung der Geschlechter auseinanderzusetzen. 


Auch wenn cis-Männer am feministischen Kampftag wenn überhaupt nur eine untergeordnete Rolle spielen, sind sie für den Kampf gegen patriarchale Strukturen unentbehrlich. Denn nur mit männlichen Verbündeten, die mit Offenheit und Willen zur Veränderung durch die Welt gehen, lässt diese sich verändern. Bis die Welt einer intersektional feministischen Utopie entspricht, ist aber noch eine Menge zu tun und das wird nur passieren, wenn wir weder die Theorie, noch die Praxis vernachlässigen und kämpferisch unsere individuellen Wege bahnen. 

Bis dahin braucht die Welt ganz besonders eins: mehr Feminismus für alle und das nicht nur am 8. März, denn Feministischer Kampftag ist jeden Tag.